Homeoffice und Digitalisierung – DIE Zukunft?

Melanie Kohl

Melanie Kohl

Coach | Consultant | CEO

Digitalisierung und Homeoffice

In Zeiten wie diesen haben wir kaum eine andere Wahl, als das zu digitalisieren, was sich digitalisieren lässt. Nicht nur Unternehmen müssen handeln, sondern auch im privaten Umfeld verschieben sich zunehmend Tätigkeiten in den kontaktlosen Raum. Wer noch nicht von selbst aktiv geworden ist, den ruft die Regierung mehr und mehr dazu auf, Distanzlösungen zu ermöglichen und zu nutzen. Homeoffice wird zur Pflicht, wo sie eben erfüllbar ist.
Was macht das mit uns?

Sieht so die Zukunft aus?

Lange Flure, leere Büros – ein Anblick, der allmählich nicht mehr ungewohnt scheint. Wer nicht zwangsläufig da sein muss, ist eben daheim – das Home wird zum Office.
Das hat so seine Vorteile! Etwas mehr Flexibilität für den Einzelnen, kurze Arbeitswege, kein Warten an der Kaffeemaschine, … Wir sind frei in der Entscheidung, ob das Radio nebenher läuft, das Fenster geöffnet bleibt oder wie hoch wir die Heizung drehen. In den eigenen 4 Wänden sind wir der Chef. Zumindest, was das Arbeitsumfeld angeht. Genau das bringt jedoch auch Schwierigkeiten mit sich. Hab´ ich überhaupt einen Platz zum Arbeiten in meiner Wohnung? Stehen mir alle Utensilien zur Verfügung, die ich brauche? Lässt sich bei mir daheim eine angemessene Arbeitsatmosphäre schaffen? Und wie selbstorganisiert bin ich eigentlich? Fragen über Fragen, die nun in jedem Einzelfall geklärt werden müssen – deren Antwort sich meist erst zeigt, wenn man es eine Weile ausprobiert. Manch einem gelingt auch zu Hause der Switch zwischen Arbeits- und Freizeit sehr gut. Manch anderem bereitet er hingegen Schwierigkeiten.

Was aber noch viel wichtiger ist: Wo sind sie denn alle hin?

Im Büro sehen wir, wo die Kollegen gerade sind, wie beschäftigt sie scheinen, wann wir sie mal kurz belagern können mit unserem Anliegen. Das fällt nun flach. Jetzt, wo jeder in seiner eigenen Bude sitzt, geht der persönliche Kontakt immer mehr verloren. Wir schnappen nichts mehr am Rande auf, können nicht so einfach und spontan Kleinigkeiten klären, wie bisher, verlieren die persönliche Bindung zueinander, die aus dem kleinen Plausch zwischen Tür und Angel entstand. In Besprechungen vermissen wir die Dynamik, die Mimik, Gestik und den Blickkontakt – all das, was den natürlichen Austausch ausmachte, der sich eben nur äußerst eingeschränkt mitnehmen lässt, in die digitale Welt. Hier wird alles sehr sachlich, gekürzt und irgendwie… unpersönlich. Einzelne Bilder oder gar nur Namen oder Punkte auf einem Bildschirm, aber keine Menschen mehr in einem Raum – kein Wir-Gefühl, kein Team mehr.

Wenn wir uns aus den Vor-Corona-Zeiten kannten, mag das für eine Zeit recht gut funktionieren. Eben als Alternative zur Überbrückung einer gewissen Phase. Aber neue Mitarbeiter einarbeiten? Neue Projekte etablieren? Kreative Sessions im VideoCall? Geht auch – nur eben nicht besonders gut. Nicht ansatzweise so effizient, wie im wahren Leben. Es wird weniger geredet, weniger skizziert, der Austausch einfach etwas komplizierter / zweidimensionaler durch die Grenzen der Technik. Es wird weniger Bindung aufgebaut. Und dadurch by the way auch weniger Loyalität zum Unternehmen und der Sache. Wenn wir uns also weit vor der ganzen CoronaThematik bereits überall in der Geschäftswelt mit Motivationsproblematiken auseinandersetzen mussten, so erreichen diese nun vermutlich in einigen Bereichen neue Dimensionen, die nach neuen Lösungsansätzen verlangen.

Fazit

So viele Vorteile die Digitalisierung auch mit sich bringen mag, so bleibt sie doch ein steiniger Weg mit vielen Herausforderungen und dem Ruf nach Vernunft in der Frage des sinnvollen Einsatzes und der natürlichen Grenzen technischer Möglichkeiten.

Der Mensch hat ein natürliches Bedürfnis danach, andere Menschen zu sehen und von selbigen gesehen zu werden. Im wahren Leben, nicht nur digital.
Ein Bedürfnis nach Einfachheit – was manchmal durch digitale Lösungen gestillt wird, manchmal aber eben auch der Abwesenheit von Technik bedarf.

Daher sind Digitalisierung und Homeoffice natürlich wichtige, an Bedeutung gewinnende Pfeiler der Zukunft, werden aber eben nie DIE Zukunft sein. Es gibt halt Dinge, die lassen sich nicht so einfach ersetzen.